Hof Loose

Von der Jungsau bis zum Mastschwein – alles in einer Hand

Jedes Jahr verlassen über zehneinhalbtausend Schweine den Stall von Matthias Loose. Jedes einzelne könnte nicht nur mit 3x D gekennzeichnet werden, sondern stattdessen den Stempel “geboren und aufgewachsen in Rheine” tragen, denn hier produzieren rund 350 Sauen Ferkel für den eigenen Maststall. Und auch die Sauen sind geboren und aufgewachsen in Rheine, denn Matthias Loose zieht als Closed-Herd-Betrieb die Jungsauen zur Remontierung der Sauenherde selber nach.

Leistung und Aufwand – das passt

Mit über 30 verkauften Schlachtschweinen pro Sau und Jahr läuft’s richtig rund im Schweinestall. Jungsauen selber nachziehen, 350 Sauen, Ferkelaufzucht und die komplette Mast: Das hört sich nach viel Arbeit … “Sicherlich, genug zu tun gibt es,” stimmt Matthias Loose zu, “aber wenn die Arbeitsorganisation stimmt und man sich auf das Wesentliche konzentriert, läuft ein moderner Familienbetrieb rund. Denn als solcher sehen wir uns, auch wenn wir seit inzwischen fünf Jahren einen Mitarbeiter beschäftigen.”

Einstieg in die Eigenremontierung im Zuge der Bestandsaufstockung

Schon immer werden auf dem Hof Loose Sauen gehalten und Ferkel erzeugt. Seit 2010 wird auch ein Teil der Ferkel selbst gemästet. Allerdings entschied sich Matthias Loose erst mit dem Stallbau 2016 und der damit verbundenen Bestandsaufstockung in das komplett geschlossene System einschließlich eigener Jungsauenaufzucht einzusteigen, denn nach dem Neubau war auch Platz für die nachwachsende Generation der Sauenherde.

“Jetzt habe ich das gesamte System in meiner Hand”, erläutert Loose seine Motivation zur Umstellung
von Jungsauenzukauf zu Eigenremontierung. “Sicherlich muss ich entsprechend weiter voraus planen, z. B. bei den Vorstufenanpaarungen, um zur richtigen Zeit genügend Jungsauen zur Verfügung zu haben. Aber wenn sich das System einmal eingespielt hat, dann läuft’s.” Aktuell wird die Reinzuchtkernherde (PIC L03 Large White) noch aus PIC’s Nukleusbetrieb Podelzig remontiert, aber Loose überlegt, ob er dies nicht auch in Eigenregie machen sollte. Aber hierzu will er sich auch noch mal mit PIC’s Zuchtberater Schulte Südhoff unterhalten, um das Für und Wider zu diskutieren.

Für die Anpaarungen mit Vorstufensperma ist der Betrieb Loose freigeschaltet für den Bezug von L02-Sperma (PIC’s Landrasse-Linie) über die GFS. “Zweite Wurf-Sauen kommen für diese Belegungen in Frage”, sagt er, “auch wenn ich theoretisch Zuchtfortschritt verschenke, möchte ich die Jungsauenleistung gesehen habe, bevor ich Vorstufensperma einsetze. Ein unterdurchschnittlicher Mastferkel-Wurf ist eher zu verschmerzen als ein unterdurchschnittlicher mit Zuchtferkeln.” Mit diesem Ansatz verschiebt er auch die so genannte Jungsauenselektion in den Abferkelstall auf die Zeit nach der ersten Abferkelung. “Das Strichezählen bei Jungsauen spare ich mir, denn die Zitzen kleben wir bei den Zuchtferkeln ab und kontrollieren beim Absetzen. Das reicht”, ergänzt er.

Jungsauenaufzucht richtig managen

“Seit wir die Jungsauen selber aufziehen, läuft’s eigentlich noch runder”, schildert er seinen Eindruck der letzten zwei Jahre. “In diesem Wirtschaftsjahr setzen wir über ein Ferkel mehr ab als noch im vergangenen Wirtschaftsjahr. Und die ersten vier Monate in 2018 sind auch schon sehr vielversprechend: Lebend geborene bei 16 und Ferkelverluste stabil um die 10 %. Da kommen verschiedene Faktoren zusammen, und eine gute Portion Zuchtfortschritt ist sicherlich auch dabei”, fügt er hinzu.

Wichtig ist, dass die zukünftigen Jungsauen nicht wie Mastschweine behandelt werden. Mit der Möglichkeit, die Altgebäude umzunutzen, können Zucht- und Mastferkel bei Ausstallung aus dem Flatdeck getrennt aufgestallt und gezielt und bedarfsspezifisch gefüttert werden. Gefüttert werden zwei verschiedene rohfaserreiche Jungsauenaufzuchtfutter mit 12,6 MJ ME/kg und 6 % Rohfaser bzw. 12 MJ ME/kg und 6,5 % Rohfaser. Beide Jungsauenaufzuchtfutter sind zusätzlich mit speziellen Säurekombinationen aufgewertet, um ein höchstmögliches Maß an Darmgesundheit und Salmonellensicherheit zu erreichen. “Mein Futterberater Ulrich Peschel von Rothkötter sagt mir immer wieder: Die Jungsauen sind die Prinzessinnen auf deinem Hof und so müssen sie auch behandelt werden.” Im Alter von 21 Wochen wird umgestellt auf Jungsauen-Futter für die Aufspeckung mit 13,0 MJ ME und ab 200 Tagen beginnt die Rauschestimulierung mittels Eber. Mit 220 Tagen hat ein Großteil der 15er-Gruppe das erforderliche Gewicht, um belegt zu werden. Bei Jungsauen, die bis zu einem Alter von 240 Tagen noch nicht gerauscht haben, wird die Rausche induziert, um die Tiere in den 3-Wochen-Rhythmus eingliedern zu können, so dass im Schnitt ein Erstbelegealter von ca. 240 Tagen erreicht wird.

Erfolgreiche Belegung legt den Grundstein …

Wer bei vier Wochen Säugezeit auf fast 2,4 Würfe je Sau kommt, kann beim Belegen nicht allzu viel falsch gemacht haben … “So wirklich viel Besonderes machen wir eigentlich nicht”, meint Loose. Belegt wird nach mehr oder weniger klassischem Schema und der Einteilung der Sauen in früh, normal und spät rauschende Sauen. “Allerdings fangen wir seit einiger Zeit mit der Rauschekontrolle bereits am Absetztag an. Denn es kommt vor, dass Sauen schon am Absetztag oder einen Tag später rauschen und auch dulden. Wenn wir die verpassen, bedeutet es eine weitere Runde, um sie dann wieder ins System des 3-Wochen-Rhythmus zu bekommen.” Spätestens nach einer Woche sind alle abgesetzten Sauen und die Jungsauen belegt, selten bleibt mal eine Sau “übrig”. Drei Stimuliereber (Masteber) kommen zum Einsatz. Einerseits, um möglichst effizient und zügig bei der Belegung sein zu können, andererseits, um genügend Stimulierreize vor, während und nach der Belegung geben zu können. Und bei der selbst gesetzten Grenze von höchstens zwei Belegungen je Rausche muss das System effektiv laufen. “Wenn die Brunststimulierung und Rauscheerkennung richtig gemacht werden, macht eine dritte Belegung eher den Erfolg zunichte, als dass sie zu besseren Leistungen verhilft”, ist die Erkenntnis.

Die Ergebnisse mit weniger als 2% Umrauschern und aktuell knapp über 17 gesamt geborenen Ferkeln je Wurf können sich wahrlich sehen lassen.
Wichtig ist, dass die Sauen nach der Säugezeit wieder in Kondition gebracht werden. Hierfür wird die Zeit im Deckzentrum genutzt, wo die normale Futterkurve auf 40 MJ ME je Sau und Tag eingestellt ist. Stärker abgesäugte Sauen bekommen einen Zuschlag von 40 %.

Alle Sauenfutter enthalten Fischmehl, diese tierische Eiweißquelle ist sehr hilfreich beim Protein-Stoffwechsel, hinzu kommt auch noch ein hoher Teil an Walzgerste, was auch in der Sauenherde zu deutlich mehr Ruhe und Darmgesundheit geführt hat.

Gruppenhaltung an Abrufstationen

Nach 28 Tagen im Deckzentrum erfolgt die Umstallung in den Wartestall mit elektronischer Abruffütterung. Die Altsauen laufen in festen Gruppen, bei den Jungsauen wird dynamisch zu- bzw. ausgestallt. “Bei der Gruppengröße von 50 Sauen klappt es mit dieser Einteilung sehr gut. Den Jungsauen möchte ich nicht den Stress zumuten, sich in der ersten Trächtigkeit mit den etablierten Sauen auseinandersetzen zu müssen”, erläutert Matthias Loose und ergänzt: “Aber wenn ich heute entscheiden würde, kämen hier Fress-Liege-Buchten und Flüssigfütterung rein, für eine bessere Übersichtlichkeit.”

So wenig Unterstützung bei der Abferkelung wie möglich

Eine Woche vor dem Abferkeltermin zieht die Sauengruppe in den Abferkelstall um. Hier wird zweimal am Tag flüssig nach Futterkurve und Fressverhalten gefüttert. Trotz des Großraumabteils geht es hier doch recht ruhig zu. Die Tierkontrolle erfolgt zu den Fütterungszeiten, wobei gleichzeitig der Kot aus den Buchten entfernt wird. Das Geburtsprotokoll hilft dabei, Geburtshilfe gezielt und nicht vorschnell zu leisten. So wird auf der Sauenkarte der Geburtsbeginn sowie in der Folge die Uhrzeit und die Anzahl geborener Ferkel notiert. Sollte die Geburt ins Stocken geraten, d.h. die Sau ist aktiv und hat Wehen, ohne dass die Geburt weiter geht, wird eingegriffen und ein möglicherweise quer sitzendes Ferkel geholt. Der Einsatz von Oxytocin beschränkt sich auf ein absolutes Mindestmaß. “Zu früh oder falsch eingesetzt, schadet es eher, als dass es nützt”, ist Loose überzeugt. Um die Abferkeltermine möglichst eng beisammen zu halten, wird bei den Sauen, die am 115. Trächtigkeitstag morgens noch nicht geferkelt haben, die Geburt eingeleitet.

“Die Sauen sollen ihre Ferkel selbst groß ziehen”

Nach Milchschalen oder -tassen hält man hier vergeblich Ausschau. “Zuviel Arbeit” ist der schlichte Kommentar. “Früher hatten wir Rescue Decks, das war viel aufwändiger als mit dem Ammensystem, das wir jetzt fahren. Und viele Sauen schaffen es auch, 14 und mehr Ferkel selbst aufzuziehen. Ferkel zusetzen erfolgt immer mit Blick auf die Sauenkarte. Eine Sau, die im vorherigen Wurf 14 Ferkel abgesetzt hat, schafft auch 15 – unabhängig von der Strichanzahl”, beschreibt Loose seine Erfahrungen. Die Ferkel, für die dennoch eine Alternative gefunden werden muss, kommen an eine Ammensau. Vier bis fünf Ammensauen je Abferkelgruppe sind es in der Regel, die dann auch nochmal im Schnitt zwölf Ferkel aufziehen. Als Ammensauen kommen Schlachtsauen mit guter Leistung aus der vorherigen Gruppe in Frage, an die drei Tage alte, gut entwickelte Ferkel aus der aktuellen Gruppe gesetzt werden. Die frei gewordene Sau, meist eine Zweite-Wurf-Sau mit kleineren Strichen, erhält dann kleinere Ferkel aus der aktuellen Gruppe.

Apropos “Schlachtsau mit guter Leistung”, warum ist eine Sau mit guter Leistung eine Schlachtsau? “Weil wir gezielt Leistungsselektion betreiben, und mit den Jungsauen eine weitere Leistungssteigerung in die Herde bringen können. Da nur wenige Sauen zwangsweise ausfallen, wegen Fundament, Fruchtbarkeitsstörungen oder gar TKV, haben auch Schlachtsauen genügend Kondition und Milchleistung, um noch einen Wurf groß zu kriegen”, antwortet Loose.

Anstatt einem Zusatzangebot an flüssiger Nahrung erhalten die Ferkel nach der ersten Säugewoche bereits Pre-Starter, der zu den Fütterungszeiten der Sauen auf den blanken Trog gegeben wird.

Alle drei Wochen mittwochs wird eine Sauengruppe abgesetzt. Zur Vorbereitung gibt es am Dienstag nur noch die halbe Futtermenge und am Absetztag nur noch Wasser. “Bei der hohen Milchleistung der Sauen ist mir hier wichtig, dass die Sauen zügig trocken gestellt werden, um Probleme mit dem Gesäuge zu vermeiden”, betont Loose. Für einen Energieschub nach dem Absetzen gibt es über fünf Tage eine zusätzliche Zuckergabe. “Das machen wir noch nicht so lange. Von den ‘gezuckerten’ Sauen hat noch keine abgeferkelt. Mal sehen, ob es einen
Effekt hat”, erläutert er die Maßnahme. Absetzen bedeutet bei Loose, dass das Abferkelabteil noch bis Montag belegt bleibt, ausgestallt werden am Absetztag nur die Sauen. Die Ferkel werden erst fünf Tage später ins Flatdeck gefahren.

Ferkelaufzucht und Mast – das läuft …

Mit im Schnitt 7,5 kg kommen die Ferkel ins Flatdeck und alle drei Wochen werden Läufer in die Mast umgestallt, je nach dem, wie die Kapazitäten im Maststall es zulassen. Alle 10/11 Tage werden Mastschweine verkauft, bis zur Maskenänderung im vergangenen Jahr auch als Eber. Gefüttert wird anhand einer Zunahmenkurve, die ein Auszubildender vor drei Jahren ausgearbeitet hatte.

‘Verantwortung lernen’ wird in der Ausbildung großgeschrieben

Seit sieben Jahren ist der Betrieb Loose anerkannter Ausbildungsbetrieb und regelmäßig ist ein Auszubildender in den Betriebsablauf eingebunden. Gerade im Sauenstall hat Betriebsleiter Matthias Loose die ein oder andere Idee parat, um dem Betriebsleiternachwuchs die Facetten der Schweinehaltung nahe zu bringen. Wie z.B. die Möglichkeit, einen Teil einer Sauengruppe eigenständig zu betreuen und von Belegung bis zum Absetzen zu verfolgen und zu dokumentieren. Wer belegt erfolgreicher? Chef oder Azubi? Klappt’s mit dem Versetzen? Passen die Konditionsbeurteilung und die entsprechende Justierung der Fütterung? Zudem bietet das geschlossene System von Jungsau bis zum Mastschwein einen guten Einblick in alle Bereiche der Schweineproduktion, von der Organisation der Eigenremontierung bis zur Vermarktung der Schlachtschweine. “Sauen füttern und Tierkontrolle lasse ich vorrangig den Azubi machen. Natürlich habe ich stets ein Auge drauf, vieles machen wir gemeinsam und die letzte Entscheidung liegt bei mir. Aber ich möchte schon, dass er sich aktiv kümmert. So lernt er Maßnahmen einzuschätzen und Verantwortung zu übernehmen – was ja auf seinem späteren Berufsweg nicht unwichtig sein wird”, beschreibt Matthias Loose seine Rolle als Ausbilder. Auch wenn der Schwerpunkt schon bei den Schweinen liegt, kommt die Vermittlung der Kenntnisse rund um den Ackerbau nicht zu kurz. Dies ist insbesondere das Einsatzgebiet von Senior Franz-Josef Loose. Der 68-jährige kümmert sich um die Ferkelaufzucht und ist oft auf dem Trecker anzutreffen, denn auch die 70 Hektar Ackerland mit Getreide und Mais wollen bewirtschaftet werden.

Genetisches Potential ausnutzen

Die Idee, die gesamte Wertschöpfung in einer Hand zu behalten, ist nicht revolutionär neu. Doch auf einem Markt wie dem deutschen mit einer vorrangig arbeitsteiligen Schweineproduktion und einem kontinuierlich wachsenden Ferkeldefizit, ist der Kombibetrieb ein vielfach unterschätztes Betriebsmodell. Nicht nur, dass die Wertschöpfung in einer Hand bleibt, es kann auch das ganze genetische Potential des auf Gesamtwirtschaftlichkeit ausgerichteten PIC-Zuchtprogramms ausgeschöpft werden. Robustheitsmerkmale wie Ferkelgeburtsgewicht, Ferkelüberlebensrate, Fundament haben wie die Reproduktionsmerkmale direkten Einfluss auf das Ergebnis im Sauenbetrieb. Gleichzeitig legen sie aber auch den Grundstein für eine erfolgreiche Mast. Beispielsweise ist allgemein bekannt, dass Ferkel mit höherem Geburtsgewicht auch signifikant bessere Leistungen in der Mast zeigen. Und ein vitaleres Ferkel wird eben auch ein vitalerer Läufer, der ein vitaleres Mastschwein wird. Darüber hinaus werden Zunahmen oder Futtereffizienz nicht erst wichtig in der Mast, sondern tragen auch zur Wirtschaftlichkeit im Sauenbetrieb bei, sei es in der Jungsauenaufzucht oder insbesondere im Wartestall. Warum also nicht das gesamte genetische Paket von der Jungsau bis zum Mastschwein ausnutzen?

Dieser Artikel erschien im PICourier – Ausgabe Sommer 2018.