Mehr Freiheit für die Sau

Die Diskussion um die freie Abferkelung nimmt in Deutschland weiter Fahrt auf. Spätestens mit der gesetzlichen Vorgabe, Bewegungsbuchten im Abferkelstall bis 2036 umzusetzen, müssen sich viele Betriebe mit der Frage auseinandersetzen: Passt meine Sauengenetik zu diesem System? Erfahrungen aus Spanien zeigen, dass mit der richtigen Managementstrategie und der passenden Sau durchaus hohe Leistungen in diesen Haltungssystemen möglich sind.

Wie sieht die Situation in Spanien aus?

In Spanien gibt es bislang keine gesetzliche Verpflichtung zur freien Abferkelung, doch durch wachsenden gesellschaftlichen Druck steigen immer mehr Betriebe auf Bewegungsbuchten um. Spanien hat eine hochgradig integrierte Schweineproduktion – rund 80 % der Betriebe sind Teil von großen Integrationen. Diese Struktur erleichtert es, umfangreiche Daten zu sammeln und wertvolle Erkenntnisse über das Management freier Abferkelsysteme zu gewinnen.

Ein großer Vorteil spanischer Betriebe ist ihre Größe. Viele Betriebe mit mehreren tausend Sauen bieten eine ausgezeichnete Datenbasis, um unterschiedliche Haltungsformen und deren Auswirkungen zu vergleichen. Da PIC mit einer Reihe von Integratoren zusammenarbeitet, konnten zum Beispiel Informationen von über 20.000 Sauen, darunter 6.500 Reinzuchttiere, genutzt werden.

Versuchserkenntnisse aus einem Praxisbetrieb

Um belastbare Aussagen über die Auswirkungen freier Abferkelung zu erhalten, wurde ein strukturiertes Versuchskonzept aufgestellt. Dabei wurden drei Varianten der Abferkelung untersucht:

  1. Komplett geschlossene Abferkelbuchten (klassisches System mit Kastenstand)
  2. Komplett Freie Abferkelung (vor, während nach der Geburt)
  3. Vor der Geburt frei und ab dem vierten Tag nach der Geburt

Erfasst wurden folgende Parameter:

  • Wurfgewicht
  • Absetzgewicht: Unter der Sau abgesetzt, Gewicht des abgesetzten Wurfs, durchschnittliches Einzel- und Gesamtgewicht des Wurfes (einschließlich toter und entnommener Ferkel).
  • Durchschnittliche tägliche Zunahme der Ferkel
  • Futteraufnahme der Sau während der Laktation: Täglicher Durchschnitts- und Gesamtverbrauch.
  • Prozentsatz der Saugferkelverluste (vor und nach Wurfausgleich).
  • Kondition der Sauen beim Absetzen.
  • Andere:
    • Verstopfung der Sau beim Abferkeln(J/N).
    • Verzögerte Geburt (J/N).
    • Postpartale Metritis(J/N).
    • Neonataler Ferkeldurchfall (J/N).

Die Ergebnisse zeigten, dass Ferkel aus der Gruppe, in der die Sau nach vier Tagen freigelassen wurde, höhere Zunahmen und bessere Absetzgewichte hatten. Gleichzeitig waren die Erdrückungsverluste in der komplett freien Abferkelung erwartungsgemäß höher als in den anderen Gruppen. Interessant war, dass Ferkeldurchfall als Verlustursache im konventionellen System deutlich häufiger auftrat als in den Gruppen mit mehr Bewegungsfreiheit.

Management ist entscheidend

Ein zentraler Punkt für eine erfolgreiche freie Abferkelung ist das Layout der Abferkelbucht. Entscheidend ist die Trennung zwischen einem warmen Ferkelnest und einem kühleren Bereich für die Sau. So werden die Ferkel dazu animiert, sich im Nest aufzuhalten, wodurch Erdrückungsverluste reduziert werden.

Links: Ideale Bedingungen, Ferkel liegen im Nest. Rechts: Ferkel liegen nicht im Nest, Erdrückungsgefahr hoch, Ferkelschutzkorb sollte nicht geöffnet werden.

Darüber hinaus zeigte der Versuch, dass Jungsauen, die vor der Abferkelung bereits mehr Bewegungsfreiheit hatten, sich schneller an das System gewöhnten und eine höhere Futteraufnahme während der Laktation aufwiesen. Dies wirkte sich positiv auf die Körperkondition beim Absetzen aus und reduzierte den Bedarf an Geburtshilfe.

Was bedeutet das für die Genetik?

Die Ergebnisse aus Spanien zeigen, dass nicht jede Sau gleichermaßen gut mit freien Systemen zurechtkommt. Einige Sauen sind agiler, haben bessere Muttereigenschaften und kommen mit mehr Bewegungsfreiheit besser klar. Für den Genetiker heißt das: Es gibt Varianz, also die Möglichkeit zur Selektion.

* vor Wurfausgleich

Eine Sau, die für freie Abferkelung geeignet ist, sollte folgende Eigenschaften mitbringen:

  • Gute Fundamentstärke und Beweglichkeit
  • Hohe Anzahl lebensfähiger und robuster Ferkel
  • Ausgeprägte Mütterlichkeit
  • Hohe Milchleistung und gute Futteraufnahme in der Laktation
  • Ruhiges Verhalten und Sorgfalt im Umgang mit den Ferkeln

Diese Anforderungen spiegeln sich auch in der Veränderung der Zuchtziele wieder. Neben klassischen Leistungsmerkmalen wie Wurfgröße und Wachstumsraten wird immer mehr Wert auf Merkmale wie Mütterlichkeit, Ferkelüberlebensrate und Verhalten gelegt.

Das Zuchtprogramm von PIC berücksichtigt bereits seit vielen Jahren nahezu alle entscheidenden Merkmale, die für eine erfolgreiche freie Abferkelung erforderlich sind. Merkmale wie Fundamentstärke, hohe Ferkelüberlebensrate, Milchleistung und Mütterlichkeit sind fest in der Selektion verankert und wurden kontinuierlich verbessert. Schon heute erfüllen PIC-Sauen damit über 90 % der Anforderungen, die an eine Sau in freien Abferkelsystemen gestellt werden.

Eine der wenigen offenen Herausforderungen ist das Verhalten der Sau in diesen Systemen. Während es mittlerweile möglich ist, viele Leistungs- und Gesundheitsmerkmale objektiv zu messen und gezielt zu verbessern, ist Verhalten deutlich schwerer zu erfassen. Einerseits muss ein zuverlässiges, objektiv messbares Selektionskriterium gefunden werden, andererseits darf die Optimierung des Verhaltens keine negativen Auswirkungen auf bereits etablierte Stärken der PIC-Sauen haben. Um dies zu gewährleisten, investiert PIC verstärkt in Forschung und den Einsatz moderner Technologien wie KI-gestützte Videoanalysen und Bewegungsprofile.

Mehr Bewegungsfreiheit? Kein Problem mit PIC-Sauen!

Bereits heute sind PIC-Sauen für freie Abferkelung geeignet – und die Forschung geht weiter.

Besonders im Bereich des Verhaltens wird intensiv geforscht, um genetische Marker für Mütterlichkeit und ruhiges Verhalten in der Abferkelbucht zu identifizieren. Mit Hilfe von Kameratechnologien und künstlicher Intelligenz werden Bewegungsprofile der Sauen analysiert, um festzustellen, welche Tiere sich besonders gut für freie Systeme eignen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Körpergröße und das Gewicht der Sau. Eine kompakte, aber robuste Sau mit guter Futterverwertung und stabilen Fundamenten hat in Systemen mit mehr Bewegungsfreiheit klare Vorteile. Hier liegt ein weiterer Fokus der Zuchtarbeit von PIC.

Fazit

Die Erfahrungen aus Spanien zeigen: Freie Abferkelung funktioniert, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Neben der richtigen Stallgestaltung und einem angepassten Management ist die Wahl der passenden Genetik entscheidend. PIC-Sauen bieten bereits heute viele der Eigenschaften, die für eine erfolgreiche Umsetzung notwendig sind.

Die Kombination aus gezielter Selektion, modernen Zuchtmethoden und internationalen Praxiserfahrungen hilft auch deutschen Sauenhaltern, sich optimal auf die zukünftigen Anforderungen vorzubereiten. Wer sich also fragt, ob seine Tiere zu diesem System passen – ein Blick auf die Genetik lohnt sich!