In der Schweineproduktion gibt es kaum eine Phase, die sowohl ernährungsphysiologisch als auch physiologisch so fordernd ist wie das Absetzen. Das Ferkel wechselt von einer hochverdaulichen, immunologisch aktiven Milchernährung zu Trockenfutter, das seinem Darm oft unbekannt ist. Die Sau wiederum muss ihre Körperkondition regenerieren, in den Reproduktionszyklus zurückkehren und sich auf die nächste Trächtigkeit vorbereiten. In dieser doppelten Umstellung ist Futter nicht nur Energie – es ist die Grundlage für Tierwohl, Produktivität und Rentabilität.
Moderne Fütterungsstrategien verbessern die Absetzergebnisse
Optimierung der Futteraufnahme bei den Sauen = Erster Ansatzpunkt für einen guten Start der Absetzferkel
Eine hohe und konstante Futteraufnahme während der Laktation führt zu schwereren, vitaleren Ferkeln und verkürzt zudem das Intervall von Absetzen bis Rausche. Eine hohe Aufnahme zu erreichen ist jedoch komplex – sie erfordert eine sorgfältige Koordination von Körperkondition, Umgebung und Fressverhalten.
Praktische Maßnahmen:
- Umweltkontrolle: Sauen fressen am besten bei 18–22 °C. Jedes Grad darüber reduziert die Futteraufnahme um 100–150 g/Tag.
- Synergieeffekt der Wasseraufnahme: Die Futteraufnahme ist proportional zur Wasseraufnahme. Nassfutter (z. B. eingeweichte Rationen) verbessert die Schmackhaftigkeit und steigert die Aufnahme um etwa 10 %.
- Intelligente Fütterungssysteme: Elektronische Fütterungsanlagen ermöglichen eine präzise Überwachung der Futterkurven, sodass die Futterzuteilung individuell angepasst werden kann.
- Geschultes Personal: Die wichtigste Ressource bleibt die erfahrene Betreuungsperson, die in der Lage ist, Rationen anhand von Restfutter, Verhalten und Entwicklung der Futteraufnahme anzupassen.
Management der Dynamik zwischen Sau und Ferkel: Aufnahme und Abgabe im Gleichgewicht
Die Futteraufnahme der Sau muss dem Energie- und Nährstoffbedarf ihres Wurfs entsprechen. In der Praxis sehen wir drei typische Szenarien:
- Idealfall: Hohe Aufnahme, großer Wurf, gute Kondition nach dem Absetzen – planmäßige Rückkehr zur Rausche innerhalb von 6 Tagen.
- Risikofall: Hohe Wurfgröße bei zu geringer Futteraufnahme der Sau – führt zu starker Konditionsverlust, verzögerter Rausche (7–12 Tage) und eingeschränkter Fruchtbarkeit.
- Low-Output-Fall: Hohe Futteraufnahme der Sau, aber kleiner oder kranker Wurf – kann Rausche während der Laktation auslösen, was den Absetz-Belege-Rhythmus stört.
Maßnahme: Körperkondition engmaschig kontrollieren, z. B. mit dem Caliper. Bei überlasteten Sauen Wurfgröße vor dem Absetzen reduzieren und Altrenogest zur Reproduktionssynchronisation in Betracht ziehen.
Das Absetzen des Ferkels: Vom biologischen Stress zur Nährstoffanpassung
Der Übergang von Muttermilch zu Trockenfutter bedeutet eine vollständige Umstellung der Verdauungsfunktion. Die Laktaseaktivität sinkt, Mikrovilli verkürzen sich und die Darmflora destabilisiert sich. Ohne einen solide Übergang in der Ernährung kommt es zu schlechter Futteraufnahme, Durchfall und Wachstumsverzögerungen nach dem Absetzen.
Ernährungsstrategien, die funktionieren:
- Vertrautheit fördert Aufnahme: Vor und nach dem Absetzen dasselbe Prestarter-Futter einsetzen, um die Anpassungszeit zu verkürzen.
- Brei und Teller: In den ersten 3–4 Tagen warmes Breifutter anbieten, das die Temperatur und Konsistenz der Milch imitiert. Besonders bei Ferkeln <28 Tagen oder untergewichtigen Ferkeln.
- Erkundung fördern: Futter auf flachen Oberflächen oder Tellern anbieten, um Saugverhalten zu imitieren und Scheu vor dem (neuartigen) Futter zu reduzieren.
Intelligente Futterformulierung: Verdaulichkeit statt nur Nährstoffdichte
Mit dem Verbot von therapeutischem Einsatz von Zink und reduzierter Antibiotikaverwendung muss die Futterformulierung den Fokus auf Darmgesundheit durch hochwertige Zutaten und funktionelle Ernährung legen.
Prioritäten:
- Hochwertige Proteine: Übermäßiges Rohprotein vermeiden (max. 17–18 %). Ergänzen mit synthetischen Aminosäuren und gut verdaulichen Quellen (Milchproteine, Fischmehl, Plasma).
- Funktionelle Fasern: Unlösliche Fasern (z. B. Hemizellulose) gegenüber fermentierbaren löslichen Fasern bevorzugen, um Fermentationsüberlastung zu vermeiden. Optimales Verhältnis 3–4:1.
- Fermentierbare Zusatzstoffe: Säuerungsmittel (organische Säuren) senken den pH-Wert im Magen, verbessern Proteinverdauung und hemmen pathogene Bakterien. Geringe Pufferkapazität in der Diät ist entscheidend.
Beispiel: Buttersäure, ein kurzkettiges Fettsäureprodukt der Fermentation, verbessert die Dickdarmstruktur und die Nährstoffabsorption.
Plasma und Laktose: Funktionelle Zutaten mit gezielter Wirkung
Plasma ist eines der wirksamsten Mittel zur Verbesserung der Futteraufnahme und Reduktion von Durchfall in der frühen Phase nach dem Absetzen. Inklusion von 3–6 % liefert Immunglobuline, unterstützt die Darmintegrität und stärkt die Immunfunktion – besonders wertvoll in gesundheitlich belasteten Betrieben.
Laktose verbessert ebenfalls die Schmackhaftigkeit und fördert nützliche Bakterien. Hohe Gehalte (>20 %) können jedoch Fermentationsprobleme verursachen, besonders bei Hitzestress oder schlechter Hygiene.
Empfehlungen:
- Plasma in Mehlform verwenden, um Immunglobuline zu erhalten.
- Anteil nach der ersten Phase schrittweise reduzieren, um Rückgang in der Futteraufnahme zu vermeiden.
- Laktose mit einem geringen Anteil Dextrose (1–2 %) kombinieren, um übermäßige Fermentation zu vermeiden.
Fazit: Ernährung ist der Schlüssel zur Leistung
Beim Absetzen zählt jedes Gramm Futter. Strategisches Füttern – sowohl hinsichtlich Zusammensetzung als auch Verabreichung – kann den Unterschied zwischen einem vitalen und einem schwachen Ferkel ausmachen. Gleiches gilt für die Sau: Nur wenn ihre Ernährungsbedürfnisse vor und nach dem Absetzen erfüllt sind, kann sie produktiv und fruchtbar bleiben.
Literatur & Quellen
- Pluske, J.R., et al. (2018). Nutrition and gut health in piglets post-weaning. Animal Production Science.
- Millet, S. & Aluwé, M. (2018). Strategies to reduce antimicrobial use in pig production.
- Heo, J.M., et al. (2013). Feeding strategies to reduce post-weaning diarrhea in piglets.
- PIC Technical Memo Series – Prestarter Nutrition Guidelines.
- Pluske, J.R., Kim, J.C., & Nyachoti, C.M. (2012). Physiological and nutritional impacts on gut health in weaned pigs.
- Fairbrother, J.M., et al. (2005). Escherichia coli in post-weaning diarrhea in pigs.